Freitag, 10. Januar 2014

Von einer kleinen Nadel, die ganz groß rauskommen wollte

Liebe Mitleser.

Ich weiß, ihr wartet auf die drängende Frage, die ich mit euch diskutieren will. Aber jetzt hat sich die Nadel beschwert. Hat mir unmissverständlich klargemacht, dass Unter den Teppich kehren keine sinnvolle Option ist. Und hat darauf bestanden, dass ich ihren Auftritt jetzt und hier in gebührendem Rahmen würdige, bevor ich mich irgendwelchen anderen Themen widme. Sie warte schließlich schon seit einer Woche darauf.

OK, ich kann verstehen, dass auch eine kleine Nadel ihre 15 Minuten Ruhm haben möchte. Auch wenn es genaugenommen mein Auftritt war. Und ja, ich gebe zu, dass ich selbst schon versucht war, ihr Konterfei und unsere überraschend innige Begegnung in meinen diversen Social Media-Profilen zu posten. Schließlich sind Ill Healthies gerade voll im Trend. Mein Chirurg hätte auch bestimmt Verständnis dafür gehabt. Er schien den Eindruck zu haben, dass ich es ganz schick finde, jetzt erzählen zu können, dass ich unter C-Bogen-Kontrolle operiert worden bin. Aber da hat er mich natürlich völlig falsch eingeschätzt. Dass ich darauf bestanden habe, dass er den C-Bogen zu Rate zieht, wie sein Kollege es empfohlen hatte, lag nur daran, dass ich ein Schlachtfest vermeiden wollte. Und wenn die Nadel jetzt nicht wieder davon angefangen hätte, hätte ich die ganze Chose auch gar nicht mehr erwähnt. Ehrlich!



Aber hier geht's ja jetzt nicht um mich, sondern um die kleine Nadel. Die kann sich jetzt auf jeden Fall rühmen, es mit ihrer bestechenden Aktion ins strahlende Rampenlicht geschafft zu haben. (Nunja, genaugenommen war's nur die halbe Nadel. Aber wir wollen nicht kleinlich sein.) Das ist beeindruckend. Das hat Potential. Das lässt Großes erahnen. Und ich gehe noch weiter: In Sachen Coming-Out toppt das sogar Hitzlsberger! Der Chirurg muss das Karrierepotential der kleinen Nadel auch gesehen haben. Er hat  mich zweimal gefragt, ob ich sie nicht mitnehmen möchte. Und hat ihr eine ziemlich schicke mobile Minivitrine spendiert. Eine Hall of Fame to go sozusagen. Kein Wunder, dass die Nadel nun mitsamt ihrem Schrein ins Netz katapultiert werden möchte und nach Bewunderung, nach Posts und Likes und Shares und Comments und einer Fancommunity schreit. Und da will ich natürlich nicht im Wege stehen!


Als Gegenleistung für die mediale Würdigung habe ich der Nadel das Versprechen abringen können, sich beim nächsten Mal lautstark bemerkbar zu machen. Sie musste mir außerdem versprechen, diese Guideline auch an ihre Schwestern zu kommunizieren, die sich womöglich einmal auf meinen Teppichboden verirren.


Mein Teppichboden darf sich jetzt übrigens Nadelfilz nennen. Das ist nicht unbedingt eine Beförderung. Aber irgendwer hat halt immer die A-Karte, gell?

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